[Debatte] Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 16a und 20a)

  • Verehrte Kolleginnen und Kollegen,

    in Ermangelung einer aktuell gültigen Geschäftsordnung für die Arbeitsweise des Bundesrates orientiere ich mich als kommissarische Bundesratspräsidentin an den bisherigen Gepflogenheiten.

    Bei dem folgenden durch den Bundestag beschlossenen Gesetzentwurf handelt es sich gemäß Art. 79 GG um ein Zustimmungsgesetz, welchem der Bundesrat mit 2/3-Mehrheit zustimmen muss.

    Die Debatte dauert drei Tage.


    Anlage:

    Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 16a und 20a)


    Der Bundestag hat, mit Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder, das nachfolgende Gesetz beschlossen:


    Artikel 1

    Grundgesetzänderung

    Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 19. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2478) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

    1. Artikel 16a wird aufgehoben.

    2. Artikel 20a wird wie folgt gefasst:

    »Art. 20a

    (1) Der Staat schützt auch in Verantwortung für seine Bevölkerung seine Außengrenzen durch ausreichende Maßnahmen und trägt im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maße von Recht und Gesetz durch die rechtsprechende und die vollziehende Gewalt dafür Sorge, dass die jährliche Zuwanderung auf das Staatsgebiet durch Ausländer ein erträgliches Maß nicht überschreitet.

    (2) Bei der gerichtlichen Überprüfung aufenthaltsbeendender Maßnahmen hat die Situation in dem Herkunftsland des betroffenen Ausländers außer Betracht zu bleiben.«


    Artikel 2

    Inkrafttreten

    Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Bekanntmachung in Kraft.

    Ministerpräsidentin des Landes Brandenburg

    Generalsekretärin der Sozialdemokratischen Partei

  • Tritt an das Rednerpult und spricht - alleine da sonst niemand anwesend ist.


    Sehr geehrte Damen und Herren,

    wir stehen heute vor einer Entscheidung, die tief in das Herz unseres Grundgesetzes eingreift. Der vorliegende Gesetzentwurf will Artikel 16a streichen und Artikel 20a des Grundgesetzes zweckentfremdend verstümmeln. Diese beiden Artikel – das individuelle Recht auf Asyl und der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen – sind keine bloßen juristischen Texte. Sie sind Ausdruck unseres Geschichtsbewusstseins, unseres humanitären Selbstverständnisses und unseres politischen Verantwortungsgefühls.

    Für mich persönlich ist diese Debatte nicht abstrakt. Sie trifft mich im Innersten. Ich selbst stamme aus dem Tessin, einer Region, die über Jahrhunderte ein Ort des Schutzes, aber auch ein Ort des Aufbruchs war. Meine Großeltern erzählten mir, wie wiederum ihre Großeltern erzählten, wie Menschen in den Bergdörfern Zuflucht suchten, oft mit kaum mehr als der Kleidung, die sie am Leib trugen. Sie suchten Schutz vor politischer Verfolgung – und sie fanden ihn. Diese Geschichten haben mich geprägt. Sie haben mir beigebracht, dass ein Land, das denjenigen Schutz bietet, die ihn individuell verdienen ein starkes Land ist.

    Die Bundesrepublik hat sich dies nach dem zweiten Weltkrieg ebenfalls als elementarstes Ziel gesetzt; individueller Schutz vor politischer Verfolgung. Die Bundesrepublik machte dies aus einer Stärke heraus; sie bot denjenigen, denen in der DDR verfolgt wurden eine Zuflucht, und wenn die Motivation auch nur der Wunsch nach freier Meinung oder Freiheit war. Dies war ein Zeichen der Stärke; eine föderale Republik, die aus ihrer Stärke heraus denjenigen Schutz bietet, die wegen des Wunsches nach ein bisschen Freiheit um ihr Leben fürchten mussten. DAS sind die Werte für die wir als Bundesrepublik stehen.

    Gerade deshalb macht es mich fassungslos, dass wir heute darüber diskutieren, das Asylrecht – eines der wichtigsten humanitären Versprechen unserer Verfassung – abzuschaffen. Artikel 16a ist nicht bloß ein rechtlicher Rahmen. Er ist das Bekenntnis dieser Republik zu Freiheit, Menschlichkeit und Rechtsstaat.

    Die Bundesregierung will mit diesem Gesetzentwurf die illegale Migration bekämpfen und ein nationalistisches, ultraprotektionistisches Weltbild in unser Grundgesetz hineindrücken. Und ja, ersteres ist - sie kennen mich und meine Überzeugungen - ein lobenswertes Ziel. ABER; dieser Gesetzentwurf ist eine absolute Nebelkerze. Gerade mal knapp 1% aller aktuellen Asylanträge beziehen sich auf den Art. 16a. Der Rest der legalen und illegalen Migration findet über die europäische Flüchtlingsregelung sowie die Genfer Flüchtlingskonvention statt.

    Ich sage es also ganz eindeutig; die Begrenzung illegaler Migration ist ein lobenswertes Ziel, dafür aber das Grundgesetz - den Kern unserer Republik - sinnloserweise zu verstümmeln ist meiner Meinung nach ein Vergehen an unserem Rechtsstaat selbst. Welches im Übrigen keinerlei Änderungen bringt.

    Noch bedrückender ist die Tatsache, dass dieser Gesetzentwurf auch Artikel 20a aus unserem Grundgesetz komplett zweckentfremden will – den Artikel, der ursprünglich den Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen garantiert. Und er wird missbraucht, um einer ultranationalstischen Ideologie Träger zu sein. Passend zu einer Bundesregierung, die eine Mauer bauen will. Mehr bleibt nicht zu sagen.

    Deutschland ist ein Land, das aus seiner Geschichte gelernt hat. Ein Land, das seine Werte lebt. Ein Land, das die Schwächsten schützt und sich für die Zukunft stark macht.

    Lassen Sie mich deshalb - wenig überraschend - betonen: Brandenburg wird diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen.

    Vielen Dank.

    Ministerpräsidentin des Landes Brandenburg

    Generalsekretärin der Sozialdemokratischen Partei

  • »Sehr geehrte Frau Präsidentin die Ferrari,
    geschätzte Mitglieder der Länder,

    die Bundesregierung nimmt Abstand von diesem Entwurf aus der Feder der vormaligen Bundesregierung. Daher bitte ich um Ablehnung des Gesetzesentwurfes.

    Vielen Dank.«

    ⎯⎯⎯⎯⎯

    Mitglied der Bundesregierung Schmidt II
    Bundesministerin der Justiz und für Familie

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